Varanasi ist eine langgestreckte Stadt entlang des Ganges. Läuft man am Ufer
entlang, läuft man Ghat nach Ghat ab. Das sind die Treppenstufen, die zum Fluss
hinunter führen, um den Badeeinstieg zu erleichtern. Jeder Ghat ist einzigartig
und er bedeutet etwas andere. Andere Götter, andere Kasten oder andere Rituale.
Zwei Ghats fand ich am beeindruckensten.
An dem einen wurde jeden Abend eine Puja-Session abgehalten. Unglaublich
viele Menschen kamen zusammen und machten Puja, was mir oft mit
"worship" übersetzt wird. Es gab laute Musik, viel Gesang, viel
Glockengebimmel, bunte Lichter in Form von Regenschirmen, verschiedene kleine
Liegen, auf denen Leute sich hingekniet, gebetet, Räucherstäbchen angezündet
oder Glocken geläutet haben. Alles gleichzeitig war für mich sehr
unübersichtlich und unstrukturiert, dass ich kaum eine objektive Beschreibung
abgeben kann.
Neben dieser ganzen Puja-Szene gab es auch noch Menschen, die währenddessen
in Booten das Ganze vom Wasser aus beobachteten und ordentlich Fotos schossen
oder sehr gläubige Hindus, die wohl einer sehr hohe Kaste angehören müssen, die
während dieser ganzen Szene ihr heiliges Bad abhalten durften.
Jeder durfte mitmachen bei dieser Zeremonie und war sofort ein Teil davon,
denn auch ich bekam einen roten Punkt auf die Stirn gedrückt. Da hab ich mich
aber gefreut, bis er meinte ich solle dafür bezahlen. Tja nur Jonas hat für uns
drei bezahlt - ob das so gut für mein Karma war?
Nun zur wohl beeindruckensten Szene der ganzen Reise. Es gibt zwei Burning
Ghats in Varanasi, einen kleineren, mit einer kleinen Fabrik zur schnellen
elektrischen Verbrennung. Genau daneben lag unser Hotel, weshalb unsere Wäsche
nach Trocknen immer nach Barbecue gerochen hat.
Der größere Burning Ghat lag weiter entfernt. Ich stand also auf einem Turm
und überblickte diese riesige Verbrennungsmeile (ungefähr 10-20 Menschen
konnten dort gleichzeitig öffentlich verbrannt werden).
Bilder, die ich noch im Kopf habe:
-aufgequollene, schwarzrußige Füße, die aus einem Scheiterhaufen gucken
-eine Ziege, die an einem anderen Haufen Überreste frisst
-laute Trommeln kommen an mir vorbei mit Familie hinterher, die eine Bahre
tragen, die von rot-orangen Tüchern überdeckt ist (da drunter befindet sich der
Gestorbene)
-ein Toter wird in den Fluss gehoben
-ein anderer Toter wird gesalbt
-kleinen Jungs wird der Kopf kahlrasiert bis auf eine kleine Stelle am
Hinterkopf
-direkt am Flussufer im Wasser stehen die "Goldwäscher", die aus
der Asche der Verbrannten Überreste von Gold sieben
-ein Junge bietet mir eine Bootstour an, ich ignoriere ihn, genauso wie die
50 Jungs vor ihm und er sagt zu mir "You can talk with me, I'm also a
human-beeing!" und verschwindet
-ein Laden der die orange-roten Totentücher verkauft, daneben ein Tee-Laden
Es gab bestimmt noch so viel mehr zu sehen, doch Indien ist an öffentlichen
Plätzen meistens die reinste Reizüberflutung und ich kann nie alles wahrnehmen.
Fotos zu machen war hier natürlich strengstens verboten, weshalb nur meine
Eindrücke als Erinnerung bleiben.